Am 25. Februar 2024, pünktlich um 19.00 Uhr, war es nun soweit: Die Konzertreihe "The Armed Man: A Mass for Peace", das Kooperationsprojekt der Chöre Liedertafel Babenhausen, Mozartchor Augsburg und Schwäbische Chorgemeinschaft Ichenhausen, das am 17. März in Babenhausen und am 24. März in Krumbach fortgesetzt wird, nahm seinen furiosen Anfang in der evangelischen Kirche St.-Ulrich im Zentrum Augsburgs.
Weitere Konzerttermine:
Babenhausen, Kirche St.-Andreas, 17. März 24, 17.00 Uhr, Einlass 16.15 Uhr
Link für mehr Info zum Aufführungsort: https://www.babenhausen-pfarreiengemeinschaft.de/unsere-pfarreien/babenhausen/
Krumbach, Kirche Maria Hilf, 24. März 24, 17.00 Uhr
Link für mehr Info zum Aufführungsort: https://www.mariahilf-krumbach.de/maria-hilf-krumbach/
Bombennacht und Friedensmission - wenn das mal gut geht!
Natürlich macht man für so ein Megaprojekt viel Werbung. Zig Leute sind da unterwegs und organisieren, fragen, bitten, schreiben, mailen, posten. Auch die Presse hat uns wunderbar unterstützt und begleitet. Trotzdem weiß man nie, wie die Menschen "da draußen" es aufnehmen, wahrnehmen, wertschätzen. Wissen denn nicht alle längst Bescheid? Über die Kriege und Konflikte unserer aufgewühlten Zeit? Über das Leid, die Katastrophen, die Wut, die Gewalt und all das? Auf Youtube gibt's das Werk doch auch! Vielleicht haben die Leute schon genug davon: "Oh, Gott, nicht nochmal alles vor Augen geführt bekommen, betroffen sein, mitleiden, mitfühlen, mitweinen!" Und dann in Augsburg auch noch das Gedenken an die schreckliche Bombennacht vor 80 Jahren! Zuviel? Kurz, wir, also alle Beteiligten, haben uns bange gefragt: Werden die Menschen kommen, trotz allem, oder gerade deswegen?
Sie kamen! Und wie! Sie strömten, drängten, schoben, füllten den Saal, dass es eine wahre Freude war. Wir hatten uns im Vorfeld, auch nach den etwas schleppenden ersten Karten-Vorverkäufen, gefragt, ob es vermessen wäre, mit 400 Besucherinnen und Besuchern zu rechnen: "Das wäre schon gut, also, wegen der Optik im Saal, und auch wegen der Kalkulation und so. Meint ihr, das bekommen wir hin?" Am Ende beehrten uns an die 700 Gäste mit ihrer Gegenwart!
Schon allein dieser Umstand war so bewegend, dass viele von uns ganz still wurden vor Rührung. Und dabei hatte das Konzert noch gar nicht begonnen.
Frieden und Vielfalt in den Genen der Chöre
Manchmal passt einfach alles zusammen. Zu der Zeit der Konzerte war die Unruhe groß, auf der Welt sowieso, aber auch bei uns im Land. Nicht nur, dass wir als reiches und mächtiges Industrieland irgendwie in alle Konfliktherde involviert sind, ob als Gesprächspartner, als Vermittler, als Bündnismitglied oder sogar als Waffenlieferant. Viele sehen auch ohne internationale Krisen die Demokratie und den Frieden in unserem eigenen Land gefährdet.
Oder wann hat es das gegeben, dass die Deutschen, dieses gemächliche, alles erduldende, vieles hinnehmende, ergeben ertragende Volk, mehrheitlich auf die Straße geht? Zu Hunderttausenden, in fast allen Städten, Wochenende für Wochenende?
Aus gutem Grund: Radikale Kräfte bedrohen unseren inneren Frieden, unsere Meinungsfreiheit und -vielfalt, unseren Rechtsstaat, unsere Integrationskraft, unsere Demokratie. Plötzlich sind sich viele nicht mehr sicher, ob alles so sicher ist, vermeintliche Gewissheiten sind nicht mehr gewiss, was uns gestern noch selbstverständlich schien, ist nicht mehr selbstverständlich, die Ruhe ist trügerisch. Die Feinde der Freiheit vernetzen sich, international und systematisch, beherrschen die sozialen Medien, treffen sich im Geheimen, planen den Umsturz. Alles Nichtdeutsche oder Nichtösterreichische, was immer das genau ist, soll "remigriert" werden. Remigration - zurecht das Unwort des Jahres! Den Klimawandel gibt es angeblich gar nicht, verschworene Eliten mit bösen Absichten beeinflussen das Wetter, "Ausländer" nehmen uns die Jobs weg (die meisten Deutschen würden so gerne die öffentlichen Toiletten selber putzen), nutzen Kinder als Jungbrunnen und injizieren uns zusammen mit der Corona-Impfung Microchips, um uns zu kontrollieren, und was da an irrwitzigen Gedanken sonst noch so herumgeistert. Es ist wie in einem schlechten Film. Aber es ist kein Film und keine Fiktion. Diese dunklen Absichten gibt es wirklich.
Zum Glück ist die sonst schweigende Mehrheit der freiheits- und demokratieliebenden Menschen aufgewacht und lässt sich das nicht mehr bieten, steht auf, zeigt, dass Demokratie eine Menge Power hat. Auch nahezu alle Mitglieder der am Jenkins-Projekt beteiligten Chöre haben Position bezogen und mitdemonstriert. Chöre sind Musterbeispiele an Buntheit und Vielfalt. Bei uns ist alles willkommen, was Spaß an der (Chor-)Musik hat, da gibt es keine Diskriminierung, keine Ausgrenzung, kein Wir-gegen-die-anderen, kein Oben und Unten, kein Besser und Schlechter. Und so haben wir uns, neben all unseren sonstigen Lebensaufgaben und der intensiven Vorbereitung auf unsere Konzerte, auch hier noch engagiert, nach dem Motto: "Keine Spätzle für Nazis!" Es musste sein. Es ist notwendig. Wehret den Anfängen!
Die Ruhe vor dem Sturm
Zuerst ist da nur ein leerer Saal. Das Podium ist am Tag zuvor schon von fleißigen Helfern aufgebaut worden. Lampen, Strahler und Mikrofone sind installiert und getestet. Der schwarze Anzug, das schwarze Kostüm wurde aus dem Schrank geholt, die Haare sind frisch gewaschen, Fingernägel und Schuhe sauber. Im ohnehin dicken Partiturbuch sind alle zusätzlichen Noten eingeklebt, denn wir wissen: was herausfallen kann, wird bestimmt herausfallen, und das im ungünstigsten Moment.
Bald strömen von allen Seiten Sängerinnen und Musiker, Solistinnen und Dirigent, Muezzin und Pfarrerin, Hausmeister und Messnerin herbei. Es wird geflüstert und sortiert, gestimmt und geräumt, gelacht und sinniert. Es beginnt zu wuseln, der Organist testet die Register und exerziert nochmal die kniffligsten Stellen.
Jede und jeder hat so ganz individuelle Wege, sich auf das kommende Großereignis vorzubereiten. Alles, was hilft, sich zu konzentrieren, ist gut und erlaubt. Irgendwo gibt es bestimmt noch ein ruhiges Plätzchen.
Psst, leise jetzt ;-). Da wollen wir auf keinen Fall stören.
Das Werk von Karl Jenkins in der "Augsburger Fassung"
In den letzten Artikeln zur Vorankündigung des Konzert wurde schon einiges über die Messe von Karl Jenkins gesagt. Es ist für sich schon ein unvergessliches musikalisches Werk für den Frieden, so zu sagen ein hervorragender Antikriegsfilm in der Sprache der Musik, ein Mahnmal gegen Kriegseuphorie und Kriegsgräuel. Mindestens drei Aspekte lassen jedoch eine Ergänzung durch geeignete Elemente sinnvoll erscheinen:
1. Das Werk dauert "netto" nur ca. 1 1/4 Stunden, ist also, gemessen am Aufwand für Beteiligte und Gäste, relativ kurz.
2. Das Werk bietet so viele ausgezeichnete Anknüpfungspunkte für thematische und musikalische Vertiefungen, z.B. für den Adhan, den muslimischen Ruf des Muezzins zum Gebet, oder das Kaddish, das Gebet der Juden für die Verstorbenen, vorgetragen vom Kantor der jüdischen Gemeinde, oder das "Ein feste Burg ist unser Gott", gesungen von einer evangelischen Pfarrerin.
3. Auch bietet sich an, neben der emotionalen Achterbahnfahrt der Mass for Peace auch gemeinsam zu singen, z.B. "Von guten Mächten wunderbar geborgen", einfach um runterzukommen und so eine zusätzliche Verbindung zwischen allen Anwesenden zu schaffen, was sehr gut gelang.
Das meiste, vielleicht sogar alles, was man sich von diesem Abend erhofft hat, ist in Erfüllung gegangen. Die Menschen kamen in Scharen, und sie gaben sich einem genialen, komplexen, herausfordernden, heftigen, teilweise monströsen musikalischen Werk hin, das niemanden kalt lässt. Eine Besucherin gestand mir, dass bereits das Einmarschieren der Männer zu den Trommeln sie so erschaudern ließ, dass sie beinahe wieder gegangen wäre. Natürlich ist sie geblieben, und war am Ende sehr froh darüber.
Nach deutlich über zwei Stunden emotionaler Berg- und Talfahrt standen die Leute applaudierend und begeistert rufend da, als würden sie sich fragen, was da gerade passiert ist. Aber es war alles real, und jede und jeder Beteiligte wird den Abend nicht vergessen.
Man kann nur an alle appellieren, die bei der Premiere nicht dabei sein konnten: Nutzt die Gelegenheiten, die sich noch bieten: In Babenhausen am 17. März und in Krumbach am 24. März! Kartenvorverkauf siehe Startseite www.liedertafel-babenhausen.de.
Berichterstattung
Hier ein Bericht der Augsburger Zeitung:
Impressionen - Filmdoku über die Premiere
Du möchtest schon eine erste Erinnerung an die Premiere der Mass for Peace in Augsburg, oder du möchtest anderen nicht nur davon erzählen, sondern ihnen gleich einen echten Eindruck vermitteln?
Hier der Link zu einem Zusammenschnitt von Impressionen und Amateuraufnahmen im Rahmen der Premiere: Eine kleine Geschichte der Jenkins-Premiere! Viel Vergnügen!
Links zum Video:
Google Drive: Mass_for_Peace_Premiere_Eindrücke
Youtube: Mass_for_Peace_Doku_Premiere
Vielen Dank noch einmal an alle, die dabei waren! Dieses Erlebnis wird uns für immer verbinden!
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